"Manchmal benutzen wir unseren Geist nicht, um Tatsachen zu entdecken, sondern um sie zu verstecken..."
Antonio Damasio
Unerträgliche Erfahrungen bringen uns dazu, sie zu verleugnen, uns dagegen zu verhärten und sie abzuspalten. Verdrängung beginnt als eine lebensrettende Anpassungsstrategie. Sie hat den Sinn, in der traumatischen Situation unser psychisches und physisches Überleben zu sichern. Abwehrmechanismen sorgen dafür, möglichst jede Erinnerung an das Verdrängte aus unserem Bewusstsein fern zu halten. Dauerhafte Zuflucht in Abwehrmechanismen zu suchen ist jedoch, als würden wir heftigen Durst mit Salzwasser zu stillen versuchen: Auch wenn sie uns vorübergehend Erleichterung verschaffen, verstärken sie das Problem enorm und sind, langfristig gesehen, destruktiv. Denn alles Verdrängte bleibt gespeichert und drängt immer wieder auf unterschiedlichen Wegen nach oben, solange es nicht aufgearbeitet wird. Meist bleiben wir lebenslang bemüht, die erlebte Realität in der Verdrängung zu halten und dieses langfristige Verharren im ‚Überlebensmodus‘ richtet im Organismus sehr viel Schaden an.
Prinzipiell lässt sich fast alles zur Abwehr von Gefühlen instrumentalisieren. Grundsätzlich aber gilt: Je massiver das Trauma, umso massiver sind die Abwehrmechanismen. Einige mögliche Strategien, um die Verdrängung aufrecht zu erhalten, sind: Verleugnung und Verlagerung der negativen Gefühle auf andere, aggressive Reaktionen, beständige Suche nach Ablenkung oder Kompensation, jede Art von Betäubung, überdimensionales Bedürfnis nach Anerkennung, Rechtfertigungen für das Handeln der Schädiger, Herunterspielen der traumatischen Erfahrung, Flucht in Spiritualität oder Selbstaufgabe.
Gemeinsam ist allen Abwehrmechanismen die Verwechslung von Vergangenheit und Gegenwart. Durch die Spaltung bleiben wir innerlich auf der Altersstufe zum Zeitpunkt der Traumatisierung stecken und organisieren unser Leben danach unbewusst so, als befänden wir uns noch in der traumatischen Situation. In unserem Denken, Handeln und Fühlen orientieren wir uns nicht an der Gegenwart, sondern an der Vergangenheit. Äußerlich werden wir zwar erwachsen, aber innerlich sehen wir die Welt weiterhin aus der Kinderperspektive. Unsere ungelösten Traumata suchen sich dann in der Gegenwart einen Ort, an dem sie sich festmachen können. Die Psychoanalyse spricht vom Wiederholungszwang. Das heißt, dass wir unbewusst verdrängte, nicht aufgearbeitete Szenen oder Situationen immer wieder inszenieren. Anstatt sie zu erinnern führen wir sie gleichsam immer wieder vor. Vergeblich versuchen wir einen ungelösten Konflikt unserer Kindheit in der Gegenwart und an unseren Mitmenschen zu lösen.